One-night-stand

Frau X und Herr Y haben sich über eine Partnerbörse ein Treffen ausgemacht. Die Geschichte nimmt ihren Lauf und endet im Bett, das ist ein sogenannter ONS. Nach einer Zeit meldet sich Frau X nur mehr selten, Herr Y ist verwirrt. Gerade hatte es sich noch so intensiv angefühlt - jetzt ist alles aus. Oder Fall zwei: Herr K und Frau L sind sich bei eine Party im angeduselten Zustand plötzlich sehr nahe gekommen und treffen sich seitdem sporadisch zum Sex. Frau L kennt sich nun auch nimmer aus. Denn heute geht er statt sie wieder zutreffen in den Fitnessclub, wieder nichts. Aber gestern schickte Herr K ihr noch über whatsapp ein Liebesgedicht, garniert mit ein paar eindeutigen Bemerkungen.
Eine Nacht erleben und dabei seinen Mann /Frau stellen. Das ist ein ONS oder One-night-stand.
Für eine Nacht (voller Seligkeit) aus dem Cocon herauskommen, sich von der besten Seite zeigen, kontrolliert herangehen, um dann wieder zu sich zurückzukehren. Die Neugier, der Drang ist befriedigt, das Alleinesein durchbrochen. Danach ist alles wieder unter Kontrolle. Als Beispiel zeige ich weiter unten meinen Antworttext aus einem Beratungsforum. Ein Mann ist ratlos, weil er nicht mehr sicher war, was er mit seiner one-night-Partnerin ausgemacht hatte - durch die Unklarheit kam es zur "Trennung". Aber gibt es in one-night-stands überhaupt Trennungen? Das würde ja eine Verbindung voraussetzen, eine Bindung, eine verbindlichere Beziehung.
Sehr geehrter Herr ()...
Die Welt des one-night-stands ist vom Grundprinzip eine unverbindliche. Solange Sie sich auf dieser Ebene aufhalten wollen gelten auch die entsprechenden Spielregeln. Eine davon ist vereinfacht gesagt diese: Jeder gibt nur so viel, wie er/sie bekommt.
Die Bilanz bleibt weitgehend ausgewogen, ausser es will doch einmal einer etwas mehr haben. Der emotionale Verbindungsfaden ist sehr dünn. Das hat den Vorteil, dass es keine langfristigen Bindungen (und 'lästige' Verpflichtungen gibt) aber damit wird auch etwas vermieden was Sicherheit geben könnte. Daher bleiben Sie mit manchem Rätsel alleine zurück.

One-night-stands sind eigentlich Alleine-Geschichten, weil jeder/jede im Moment nur für sich etwas aus der (kurzen) Situation herausholt. Genuß, etwas Nähe, nicht alleine sein müssen, Komplimente erhalten, Berührung, Kontrolle über die Beziehung (und über den Partner) Und dann ist's wieder vorbei, jede/r kehrt in sein/ihr Reich zurück.
In One-night-stands haben Sie wenig Zeit und damit Gelegenheit, mit einander zu kommunizieren. Das ist möglicherweise auch ein Grund, warum Sie nun mit der ungeklärten Frage dasitzen. Zeitmangel führt zu Kommunikationslücken, das Problem haben zusammenlebende Paare ebenso. Die meisten one-night-stands enden in einer ungeklärten Kommunikationssituation. Irgend etwas bleibt unklar oder wird nicht mehr weiter verfolgt.
Die Beziehungsspuren verlaufen sich wieder nach der nächsten Welle.
Eine andere Regel des ONS ist die, dass nur wichtig (und richtig) ist, was Spass macht. Diese philosophische Haltung wird mitunter Hedonismus genannt. ("Lust als höchstes Gut")
Der Wert eines one-night-stand sollte hier nicht in Frage gestellt, aber auch dessen Grenzen gezeigt werden.
One-night-stands sind wichtige Erfahrungsgelegenheiten, sie sind Probebühnen für die sexuelle Dramaturgie und Erfahrungen in Richtung Nähe / Intimität.
ONS sind idealerweise unbelastete "als-ob" Situationen. Menschen können ein Paar für eine Nacht lange sein und dennoch im Beziehungsstatus "ungebunden" angeben.
Einen angenehmen Sommer Ausklang!
Martin Geiger
Musiklink: Für eine Nacht voller Seligkeit ...weil der one-night-stand keine Erfindung der Neuzeit war und ist.